Die Politikwissenschafterin und Autorin wird mit dem Award der Ärztekammer für Wien ausgezeichnet
Der diesjährige Paul-Watzlawick-Ehrenring geht an Ulrike Guérot. Ausgezeichnet wurde sie von der Jury unter dem Vorsitz von Erhard Busek für ihre Leistungen und ihr Engagement für ein neues europäisches Denken und Handeln: „Sie ist mutig, intellektuell engagiert und hat auch das Selbstverständnis ihrer wissenschaftlichen Disziplin verändert, durchbrochen und ausgeweitet.
Guérot ist aktuell Professorin für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems und erhielt im Wintersemester 2017/18 die Alfred-Grosser-Gastprofessur der Goethe-Universität Frankfurt. Sie ist Mitglied im Scientific Comitee des Institute of European Democrates, Council Member beim European Council on Foreign Relations und Vorstandsmitglied des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik in Köln.
Bereits während ihres Studiums und im Rahmen ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin des ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission, Jacques Delors, beschäftigte sie sich intensiv mit der Integration Europas und einer neuen Identität der EU. Von 2007 bis 2013 leitete sie das Berliner Büro des European Council on Foreign Relations.
Erstes großes, öffentliches Aufsehen erregte sie mit dem „Manifest zur Gründung einer Europäischen Republik“, das sie 2013 gemeinsam mit Robert Menasse veröffentlichte.
2016 erschien ihr Buch „Warum Europa eine Republik werden muss!“, im welchen sie die Utopie einer Europäischen Republik skizzierte. 2017 folgte der Bestseller „Der neue Bürgerkrieg. Das offene Europa und seine Feinde“.
Guérot initiierte das „Balcony Project“, an dem sich etwa 100 europäische Kulturinstitutionen sowie zahlreiche Intellektuelle und Künstler beteiligen. Ziel ist wiederum „die Gründung einer Europäischen Republik auf dem Grundsatz der allgemeinen politischen Gleichheit jenseits von Nationalität und Herkunft“.
Guérot polarisiert und eckt an – durchaus bewusst und provokant. Für sie ist Nation kein Identitätsträger. Mit Paul Watzlawick verbindet sie die Überzeugung, dass Kommunikation nur dann gelingen kann, wenn sie synchron abläuft, das heißt, die Partner im kommunikativ-diskursiven Prozess dieselbe Sprache sprechen und dieselben Codes verwenden. „In diesem Sinne hat Paul Watzlawick den Begriff der Nation ebenfalls als obsolet erklärt, Wirklichkeiten entstehen aus der Konstruktion von Projektionen. Es geht darum, diese Codes zu entschlüsseln und auf einer gemeinsamen semantischen Ebene aufzubauen.“
„Gemeinsam an einem anderen Weltbild arbeiten“
Der Paul-Watzlawick-Ehrenring ist eine Initiative der Wiener Ärztekammer, um den interdisziplinären Dialog unter den Wissenschaften zu fördern. Er zählt zu den anerkanntesten Wissenschaftsauszeichnungen im deutschsprachigen Raum und ist eine Hommage an den großen österreichischen Philosophen und Sprachwissenschaftler Paul Watzlawick.
Eine hochkarätige Jury unter dem Vorsitz von Erhard Busek wählt – in mehreren Abstimmungsrunden – den jeweiligen Preisträger. Der Ehrenring in Gold wurde im Rahmen eines Wettbewerbs an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien designt – von Studenten aus der Meisterklasse des kürzlich verstorbenen Paolo Piva.
„Mit dem Paul-Watzlawick-Ehrenring wollen wir ein Signal setzen, dass Wissenschaften miteinander kommunizieren müssen, die Wege der eignen Sprache überwinden und gemeinsam an einem anderen Weltbild arbeiten sollen. Das gilt auch für die Medizin, so der Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres.
Verliehen wird der Ring heuer zum zehnten Mal. Die bisherigen Preisträger waren Peter L. Berger, Aleida Assmann, Rüdiger Safranski, Friedrich Achleitner, der verstorbene Walter Thirring, Ruth Klüger, Konrad Paul Liessmann, Franz Schuh sowie Hartmut Rosa.