Ágnes Heller erhält den erstmals von der Ärztekammer für Wien vergebenen Paul-Watzlawick-Preis für ihr Lebenswerk, insbesondere für ihren Einsatz für Freiheit und Selbstbestimmtheit des Lebens. Heller wird die Auszeichnung im Anschluss an ein Burgtheatermatinée des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) zum Thema „Leben wir in revolutionären Zeiten?“ entgegennehmen.
Seit mittlerweile zehn Jahren vergibt die Ärztekammer den Paul-Watzlawick-Ehrenring an bedeutende zeitgenössische Denker und Persönlichkeiten, welche die sprachkritische und analytische Tradition von Paul Watzlawick fortsetzen und neu interpretieren. Preisträger der vergangenen Jahre waren unter anderem Konrad Paul Liessmann, Rüdiger Safranski, Friedrich Achleitner, Aleida Assmann und Ruth Klüger.
Erstmals wird nun der Paul-Watzlawick-Preis vergeben: für das Lebenswerk von Persönlichkeiten, die sich mit dem Freiheitsbegriff und der freien Begabung des Individuums beschäftigen.
Unermüdliche Kämpferin für Freiheit
Ágnes Heller ist eine der bedeutendsten zeitgenössischen Philosophinnen, die sich in ihrem Werk immer wieder mit den Begriffen Leben und Freiheit als selbstbestimmende Werte auseinandergesetzt hat: „Ich war überzeugt und bin es auch seither, dass alle großen Leistungen der Kultur aus den Bedürfnissen, Konflikten und Problemen des täglichen Lebens hervorgehen.“
Der Alltag ist immer wieder Objekt von Hellers Untersuchungen. 1970 erschien ihr Werk „Alltag und Geschichte – Zur sozialistischen Gesellschaftslehre“, 1978 „Das Alltagsleben. Versuch einer Erklärung der individuellen Reproduktion“ und 1980 „Theorie der Gefühle“.
Heller wurde am 12. Mai 1929 in Budapest geboren und lebt auch heute wieder dort – als unermüdliche Kämpferin für Freiheit und explizite Gegnerin des Orbán‘schen Systems – „Orbán ist ein Diktator, aber Ungarn ist keine Diktatur.“ Heller war Schülerin und später Kritikerin des ungarischen Philosophen und Literaturtheoretikers György Lukács und dessen Assistentin an der Universität.
1977 emigrierte sie aufgrund anhaltender Repressionen gegen sie und ihre wissenschaftliche Arbeit und übernahm eine Professur an der La Trobe University in Melbourne. 1986 ging sie als Nachfolgerin von Hannah Arendt als Ordinarius für Philosophie an die New School für Social Research in New York. Seit damals pendelt sie regelmäßig zwischen Budapest und New York und hält Gastvorlesungen an renommierten Universitäten, wie beispielsweise 2013, als sie in Wien einen Zyklus zum Thema „Zur Theorie der Modernität“ referierte.
Ágnes Heller erhielt zahlreiche renommierte Auszeichnungen, wie den „Hannah-Arendt-Preis“, den „Sonning-Preis“ (die höchste Kulturauszeichnung Dänemarks), den Preis als „Ehrenbürger von Budapest“, die „Goethe-Medaille“ sowie den „Carl-von-Ossietzky-Preis“ in Oldenburg.